Interview mit Achim Lahr – 13.09.2023

Achim Lahr treffe ich zu Hause, in der Küche. Frischer Apfelkuchen duftet lecker, auf den Ablagen ringsum stapeln sich Bücher, frisch gedruckt, Flyer, selbst gestaltete für Veranstaltungen von EngelsArt und gesammelte von interessanten Events, Informationen und To-Do-Listen.

An den Wänden hängen Bilder und Fotos, die eine Einstimmung geben in das Leben der Familie: bunt, lebenslustig, reisebegeistert, aktiv, immer mittendrin. Für Achim könnte der Tag gut mehr Stunden haben, aber auch so passt viel hinein in sein (Ruhe(?)-stands-)leben: Immer gefragt, wenn es um Organisation und Technik geht, immer gut für neue Ideen, die dann auch umgesetzt werden, immer mit wachem Blick unterwegs, um Motive für seine Bilder zu entdecken – und dann auch noch Zeit, um den Tag im Garten oder Pool ausklingen zu lassen und die Sterne zu betrachten. Man tut gut daran, bequeme Schuhe zu wählen für das Stück Weg, das in diesem Gespräch beschritten wird! (Achim hat viele, auch farbenfrohe Exemplare davon im Schrank!)

Erste Schritte – wie kamen Kunst und Kulturarbeit in dein Leben?

Kunst erleben, Ausstellungen und Konzerte besuchen, das war immer schon meine Leidenschaft. Besonders schön ist es natürlich, dass ich mein Interesse inzwischen auch mit meinen Töchtern und meiner Frau teile. Mit einer von ihnen nahm ich zuletzt an einem Workshop im Hans Arp Museum teil. Meine Frau schenkte mir vor vielen Jahren einen Malkurs in der Gruppe „Farbspiel“ in Rösrath – als Ausgleich zu meinem Beruf. Über viele Jahre fand ich dort, was ich für meine künstlerische Entwicklung brauchte: Anregungen zu neuen Techniken, Austausch mit Gleichgesinnten und die ersten Schritte in die Öffentlichkeit, indem wir Ausstellungen organisierten. Dort lernte ich Zeichnen, später auch vor allem Landschaftsmalerei.  Aus gegenständlichen Bildern, etwa in Erinnerung an Reisen nach Venedig, wurde mehr und mehr abstraktes Spiel mit Farben. Landschaften prägen sich mir vor allem durch die Farbigkeit ein – die Atmosphäre, die durch unterschiedliche Lichtverhältnisse, die Jahreszeiten, Sonnenauf- oder untergang geschaffen wird, möchte ich im Bild einfangen. Mit Pinsel und Spachtel bringe ich kräftige Farben auf Papier, Holz oder Leinwand – so empfinde ich die starke Energie von Landschaft und Natur.

Schon in meiner ersten Malgruppe ging mein Engagement über die Malerei hinaus: Wenn wir eine Ausstellung planten, gehörte Werbung, der Druck von Plakaten und Flyern und das Hängen der Bilder dazu. Schon immer war ich technikbegeistert, dazu durch meinen Beruf als Radio- und Fernsehtechniker erfahren auch im Durchführen von großen Veranstaltungen. Ich konnte also gar nicht anders, als diese Fähigkeiten auch in der Ausübung meines größten Freizeitvergnügens einzusetzen.

2017 begann mein Ruhestand – und das war auch der Beginn meiner Mitarbeit bei EngelsArt. Die Aktivitäten der Gruppe kannte ich schon, die Neugier trieb mich zum Jour fix, mein Interesse an der Kulturarbeit und meine Lust, neue Kontakte zu knüpfen, führte schnell dazu, dass ich im Sprecherrat mitarbeiten konnte. Das mache ich bis heute.

War das von Anfang an das Ziel für den neuen Lebensabschnitt, den Ruhestand? Oder ist der Weg das Ziel?

Da steckt kein Plan dahinter! Vielleicht ist das auch genau der Charme des Ruhestands, dass man die Chancen ergreifen kann, die sich bieten – ganz nach dem freien Lustprinzip!

Was war das größte persönliche Vergnügen auf dem Weg? Gab es Überraschungen?

Für meine Arbeit bei EngelsArt besteht das größte Vergnügen in der Gestaltung der Technik. Seit 2019 bin ich da mehr und mehr zuständig und habe zum Beispiel die Organisation der Licht- und Tontechnik für die Engelsrevue übernommen. Außerdem gab es Videoclips, die die Aufführung begleiten sollten – leider konnten wir die Show durch Corona – und schließlich durch den Tod von Harry Cremer, der Autor, Initiator und Seele des Stücks war, nicht aufführen. – Zuletzt gab es viel Zustimmung zu der Ausleuchtung der Bühne und Lichteffekte bei Amöbenpank, der Band von Manuele Klein und Detlev Weigand. Mit wenig Aufwand tolle Effekte zu erzielen, ist für mich immer eine tolle Herausforderung.

Das letzte große Projekt, an dem ich mitarbeiten durfte, war die Skulptur zur Städtepartnerschaft für die Gemeinde Engelskirchen. Das Vergnügen gipfelt jetzt in einem Kunstwerk im öffentlichen Raum – das erfüllt mich natürlich auch mit Stolz. Bis dahin war der Weg lang und gestaltete sich durch sehr vielfältige Aufgaben: zunächst die gemeinsame Planung mit Renate Seinsch, Manuele Klein und Detlev Weigand, dann die Suche nach Sponsoren und schließlich die Realisierung des Projekts und dadurch die Kontakte zu verschiedenen Gewerken der Metallbearbeitung. So konnte ich den Weg eines Kunstwerks wirklich von Anfang bis Ende begleiten – das war schon ein besonderes Erlebnis.

Für mich als Künstler ist es natürlich ein besonderes Vergnügen, wenn meine Bilder gefallen, vielleicht auch gekauft werden. Wenn ich an meine Bilder und an die Entwicklung der letzten Jahre denke, fallen mit zwei Ereignisse ein, die auf den ersten Blick nichts, dann aber wieder viel gemeinsam haben und bei denen Vergnügen mitschwingt, leider aber auch eine eher böse Überraschung: Island und Corona.

2020 war ich nur für drei Tage auf Island, aber dieser Aufenthalt hat mich sehr beeindruckt. Die Landschaft in dieser extremen Gegend, dazu die unglaubliche Stille – das hat noch lange nachgewirkt. Die Bilder, die nach dieser Reise entstanden, sind eher Farbkompo-sitionen als Landschaften. Die Beschäftigung mit diesem Thema dauerte lang und zog sich durch die Corona-Zeit.

In dieser extrem außergewöhnlichen Zeit erlebten wir alle einen Stillstand, dadurch auch viel stille, planungsfreie Zeit mit Raum für Kreativität.

Kunst braucht Publikum – was bedeutet dieser Satz für dich?

Applaus ist der Lohn des Künstlers! Ich freue mich über Menschen, die meine Kunst anspricht, genauso wie über das Feedback an uns als Veranstalter. Wie oft hören wir Anerkennung zur Gestaltung der Räume und zur Durchführung von Veranstaltungen. Das motiviert mich immer wieder, weiterzumachen!

Ich denke auch, dass wir mit unserer Arbeit bei EngelsArt genauso wie ich mit meiner Malerei zeigen kann, dass man etwas bewegen kann. Wenn ich also dem Publikum etwas sagen wollte, wäre es so etwas wie: Mut zur Farbe! Keine Angst vor Aktionen! Rauf auf die Bühne! Bewegt euch!

Welches Ereignis war besonders prägend während der Zeit deiner aktiven Kunst- und Kulturarbeit? Hat es etwas verändert?

Corona! Da gab es ein bisher nicht gekanntes Erleben von Endlichkeit. Das setzt sich natürlich mit zunehmendem Alter fort – man feiert mehr Begräbnisse als Hochzeiten.

Diese Zeit hat uns einen Schrecken versetzt, uns aber gleichzeitig vielleicht sensibler gemacht. Ich weiß noch mehr, was ich schätze und was mein Leben als Mensch und als Künstler prägt: Der Zusammenhalt in der Familie ist mir wichtig, die Begegnung nicht nur, aber auch bei Festen. Die Reisen der letzten Jahre nach Südamerika und Afrika haben meinen Blick in die Welt geöffnet: Die überwältigende Natur, fantastische Landschaften in allen Schattierungen wahrzunehmen, erfüllt mit großer Begeisterung. Und gleichzeitig wird mir bewusst, wie klein und unbedeutend wir sind. In der Malerei kann ich solchen Eindrücken noch intensiver nachspüren, als wenn ich nur ein Foto mache. Die Natur ist für mich die größte Künstlerin – und der Mensch ist gleichzeitig ihr größter Bewunderer und auch Zerstörer.

Und wie geht es weiter?

Ich stecke voll positiver Energie, voller Lust auf neue Entdeckungen. Also: nichts aufschieben! Die Zeit nutzen! Nicht nur planen, auch machen!

Ich danke herzlich für ein intensives Gespräch!
Katja Gerlach

Weitere Infos zu Achim Lahr:

https/farbspiel.eu