Schlagwort: Lyrik in Corona-Zeiten

  • Lyrik in Corona-Zeiten

    Nicht abgesagt

    Gespräche sind nicht abgesagt

    Hilfe ist nicht abgesagt

    Beziehungen sind nicht abgesagt

    Liebe ist nicht abgesagt

    Songs sind nicht abgesagt

    Lesen ist nicht abgesagt

    Malen ist nicht abgesagt

    EngelsArt ist nicht abgesagt

    Selbst-Bewusstsein ist nicht abgesagt

    Hoffnung ist nicht abgesagt

    R.S.

    Es hüstelt mich und kratzt im Hals,
    die Nase dröppelt ebenfalls.
    Und mein gutes Wohlbefinden
    Spür ich täglich mehr entschwinden,
    Teint ist bleicher,
    Stuhl wird weicher.
    Und außerdem von Kopf bis Zeh
    Tut der Body mir so weh.
    Auch der Geruchsinn ist fast weg
    und am Arm ein dicker Fleck.
    Nun seid ehrlich:
    Hochgefährlich!
    Doch all die vielen Zipperlein
    Spür ich schon jahraus – jahrein.
    Aber jetzt sind’s nur die Viren,
    die mich derart malträtieren.
    Schluss mit Ach und Weh!
    Nabelschau ade
    R.S.

    Variationen auf die ach so Moderne
    (frei nach Eckhard Henscheid)

    soll das leben jetzt etwa vermodern?

    o nein, das leben fängt ja
    bald wieder an!

    heute ist es ja erst bloß vormodern…

    Harry Cremer

    Wie schön wär’s, wenn der Wind sie bliese
    ganz weit weg die miese, fiese
    so verhasste Virus-Krise.

    Die Kunst könnt’ sich dann neu entfalten,
    wir würden wieder schalten, walten.
    Wär wirklich alles dann beim Alten?

    Nein, Einzelkampf wär Schnee von gestern,
    wir würden Brüder und auch Schwestern,
    nur wohlgesonnen, ohne lästern.

    Doch dieser Traum geht schnell vorbei.
    Bald ist es so wie einst im Mai.
    Wir konsumieren dann für drei.

    Oder?
    R.S.


    ode an corona (frei nach Kurt Marti)

    hier
    schweigt es
    laut
    hier parkt
    verkehr:
    der lärm
    schwand hin
    man ruht
    sich sehr

    hier
    wohnts
    noch schön
    hier sonnts
    am hang:
    komm
    lass uns
    gehen
    ich
    weil mich
    lang

    Harry Cremer

    Jetzt haben wir die Woche schon fast voll

    Frühlingserwachen
    Oh mögen sich die ollen
    läst’gen Birkenpollen
    endlich wieder trollen!
    Ich weiß nicht, was die wollen.
    Die Augen sind geschwollen,
    Nase aufgequollen.
    Aus meinem zarten Schmollen
    wird aufgebrachtes Grollen.

    Der Teufel soll sie hollen!

    R.S.

    Zum Wochenende eine: ANSAGE

    Wenn schon fast alles
    ABGESAGT
    ist,

    dann bleibt nur noch die
    ANSAGE
    dass

    in diesen kulturlosen Zeiten
    bei Weitem
    in allen Breiten
    von allen Seiten

    und hauptsächlich unter uns der
    KONTAKT
    von mir
    nicht
    ABGESAGT ist.
    Harry Cremer

    Nach einer Woche ziehen wir Bilanz:

    Corona – Bilanz:

    Wir geh’n auf Distanz.
    Kein Händedruck mehr,
    Regale sind leer.

    Kein Kosen, kein Kuss,
    keine Fahrt mehr im Bus,
    kein Kino, kein Zoo,
    kein Papier für den Po.

    Kein Mehl für den Kuchen,
    bloß nicht Oma besuchen,
    Homeoffice zu Haus,
    Kids dürfen nicht raus.

    Kein gemeinsames Speisen,
    schon gar nicht verreisen,
    für’s Haar kein Frisör.
    Quel Malheur!
    R.S.

    Absage

    Ich habe ja fast alles abgesagt

    also um himmelswillen:

    wie sag ich’s wieder an?

    Karl Feldkamp

    Die Coronaregeln salopp gedichtet

    Geh’nse weg, geh’nse weg,
    schau’nse bitte nicht so keck
    mittenrein in mein Gesicht.

    Bleib’nse fort, bleib’nse fort,
    zwei Meter fern von meinem Ort.
    Abstand halten ist jetzt Pflicht.

    Allerhand, Ihre Hand
    -das habe ich doch gleich erkannt-
    ist nicht desinfektioniert.

    Außerdem, ein dicker Hund,
    da ist kein Schutz vor Ihrem Mund.
    Sie gehören isoliert!

    So, mein Frust ist endlich raus.
    Ich gehe ganz entspannt nach Haus
    zu meiner lieben Alten.

    Die fragt, wie war es guter Mann?
    Ich sage ihr darauf alsdann:
    Hab gut mich unterhalten.

    R.S.


    Lyrik 6 (frei nach Franz Hodjak)

    verschiebungen – oder alles offen

    die menschen stehn schlange um mehl
    das mehl steht schlange um korn
    das korn steht schlange um ernte
    die ernte steht schlange um helfer
    die helfer stehn schlange um flugzeuge
    die flugzeuge stehn schlange um einen himmel
    der himmel steht schlange um einen gott

    der gott weiß noch nicht soll er sein oder nicht sein

    Harry Cremer


    die Hoffnung stirbt zuletzt

    Hoffnung?

    Sie liegt im Spital
    auf Intensiv
    Alles ist Qual
    Sie ist „positiv“

    Im Mund ein Schlauch
    Körper verkabelt
    Sonde im Bauch
    weltabgenabelt

    Es wüten die Viren
    Kampf auf Leben und Tod
    Wer wird verlieren?
    Ein Gebet in der Not

    Kein Wunder in Sicht
    Kein göttlich Geheiß
    Selbst sie wissen’s nicht
    die Götter in Weiß

    R.S.

    jetzt sind schon 2 Wochen voll und es kommen immer noch Gedichte
    dieses ist von Christine Jaeger

    Der 26. April 2020 (Sonntag)

    Heut sind die Geschäfte zu
    Ich dachte, da wär’ endlich Ruh
    Die Ruhe, der Dornröschenschlaf
    Den alle so erholsam traf

    Der Bus war schon etwas voller
    Viele Autos, mancher Roller
    Auf der Autobahn Stop and Go
    An einem Sonntag! Das war selten so!

    Angekommen am Stadion
    Die Hertha sitzt am Startloch schon
    Auf dem Friedhof endlich Stille?
    Des Menschen Weg ist doch sein Wille!

    Die Witwen saßen auf der Bank
    Erzählten lauthals ihren Schwank
    Und schöne Geschichten
    Die sich jetzt ganz anders gewichten

    Schnell weg von diesem Platze
    Ich zeig dem Tod erst mal die Fratze
    Morgen beginnt die Schule schon
    Mit Maske und Desinfektion

    Gebet für die Ungeimpften

    Lieber Gott, der alles kann,
    nimm dich der Ungeimpften an.
    Du musst von ihrem queren Denken
    sie endlich zur Vernunft hin lenken?
     Auf dass die Menschen hier auf Erden
    nur negativ getestet werden.
    Lass logisch sie argumentieren,
    und nicht lauthals demonstrieren,
     in Massen durch die Straßen ziehen
    mit ihren kruden Theorien.
    Gib ihnen Einsicht, lieber Gott,
    und das bitte ganz ganz flott.
     Wir woll’n uns wieder Nähe gönnen
    und ohne Maske atmen können.
    Oh lieber Gott, der alles kann,
    nimm dich der Uneinsicht’gen an!!!

    Joseph von Eichendorff: Weihnachtsgedicht
    verschlimmbessert von Renate Seinsch

    Markt und Straßen stehn verlassen,

    kaum geöffnet ein Geschäft.

    Einsam geh ich durch die Gassen,

    von weither ein Hündchen kläfft.

    Masken tragen alle Frauen

    und die Männer vor’m Gesicht,

    auf dass sie sich nach draußen trauen

    und kein Virus sie erwischt.

    Hinaus flieh ich zum Wald, zur Wiese,

    wo eine frische Brise geht.

    So wird mir die Corona-Krise

    eine Weile weggeweht.

    Impfen! Impfen!  hör ich’s raunen.

    Bald ist die Einsamkeit passé,

    vorbei sind Angst und üble Launen!

    Corona, Miststück: Tschüss – Ade!

    Verboten

    Verboten ist uns Modern-Walking.

    Harry bietet Modern-Talking

    so lange bis die Viren modern

    Im Mist, oder im Feuer lodern.

    R.S.

    Während der Pandemie gilt es

    auf Freiheiten zu verzichten,

    die nach der Pandemie umso wichtiger werden.

    ​Karl Feldkamp

    Haiku´s

    Die Wochen vergehen

    noch kein Land in Sicht

    was Neues entsteht

    Kreativität

    vielleicht neue Bedeutung 

    Ideen wachsen

    Wochenlang Sonne

    jetzt Regen als Erlösung

    Die Natur blüht auf

    Neues sehen und

    jeden Tag Fotos machen

    jetzt den Blick schulen


    Elke Erben

    Der 22. April 2020

    Ein Tag, überhaupt nicht ranzig

    Wie manche Tage waren in dieser Zeit

    Heut waren alle sehr bereit

    Bereit, in kleine Läden zu gehn‘

    Sich mal wieder im Spiegel zu sehn‘

    Sich eine Stoffmaske zu leisten –

    Wie die meisten

    Voll von Studenten der Savignyplatz

    Schon wieder die Innenstadt-Hatz

    Auf der Stadtautobahn schon wieder Stau

    Die Leute sind schon wieder rau

    Bei ALDI wieder Klopapier

    Und alles fürs Grillen, das wollen wir!

    Nudeln im Angebot

    Und da sprecht ihr von der Not?

    Wenn das die Merkel wüsste

    Denn ich müsste

    Ganz brav zu Hause weilen

    Und nicht durch die Geschäfte eilen

    Für mich kann ich aber sagen

    Ohne viel zu wagen

    Habe ich Masken gekauft

    Und mich nicht gerauft

    Marienkäfer und Blumen als Design

    Nehmen nun Mund und Nase ein

    Ein bisschen Flower Power

    gegen den Corona-Schauer

    © Christine M. Jaeger     Berlin im April 2020

    zeitverwendung

    tot geschlagen haben wir sie

    die zeit mit handel und wandel

    mit notwendigen pausen

    bei erhabenen überflüssen

    erlebt haben wir sie im lustgarten

    vergoldeter konsumtempel

    beim schein der aprilsonne

    sangen wir bereits lästerliche lieder

    über gierige weißhaarige männer

    und gott so wussten wir gottlosen

    war stets auf unserer seite

    nun suchen wir unverdrossen

    nach neuen sympathisanten

    Karl Feldkamp

    quarantänen

    in meinem haus am meer
    gemietet oder noch zu kaufen
    mir selbst überlassen und
    gerade nicht einzufangen
    sitze ich hinter beschlagenen fenstern

    gischt und weißer sand verwehen
    mein blick verschwimmt
    und stößt auf noch keine hindernisse
    wo sich weiß bekröntes blaugrau
    mit himmelblauem mischt

    süchtig nach wind und salz
    segeln sturmmöven auf beutezug
    unter seeschwalben zwischen wolken
    und vorgeträumten delphinen
    verweilt ein verlassener schatten

    nur weit draußen kreuzen graue
    schnellboote und eine fregatte


    relativ

    Ich habe „Rücken“

    alles tut weh

    gehen und bücken

    vom Kopf bis Zeh

    vom Steiß bis Wade

    Schmerzen und Qual

    Corona ist grade

    mir ziemlich egal

    R.S.

    Maskenpflicht

    Mich strahlen blaue Augen an

    engelhaft so scheint es mir

    zieht mich ihr Blick in ihren Bann

    vom Blitz getroffen steh ich hier

    Oh ihre Anmut, die Bewegung,

    Timbre, Charme und ihr Geruch

    versetzen mich in Hocherregung

    Nase und Mund verdeckt ein Tuch

    Ach bitte zeig mir Dein Gesicht

    die Sinne schwinden, mir wird flau

    sie tut es und in hellem Licht

    steht vor mir meine eig‘ne Frau

    R.S.

    Es hüstelt mich und kratzt im Hals,                                                                              

    die Nase dröppelt ebenfalls.                                                                                         

    Und mein gutes Wohlbefinden                                                                                      

    Spür ich täglich mehr entschwinden,                                                                      

    Teint ist bleicher,                                                                                                              

    Stuhl wird weicher.

    Und außerdem von Kopf bis zeh                                                                                     

    Tut der Body mir so weh.                                                                                                    

    Auch der Geruchsinn ist fast weg                                                                                

    und am Arm ein dicker Fleck.                                                                                             

    Nun seid ehrlich:                                                                                                

    Hochgefährlich!

    Doch all die vielen Zipperlein                                                                                         

    Spür ich schon jahraus – jahrein.                                                                             

    Aber jetzt sind’s nur die Viren,                                                                                         

    die mich derart malträtieren.                                                                                 

    Schluss mit Ach und Weh!                                                                                   

    Nabelschau ade                                                            

    R.S.